Auszüge aus der Rameau - Oper, arrangiert von Ludwig Christian Hesse (1716-1772) für drei Bass Viole da gamba
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Ludwig Christian Hesse war eines der zahlreichen Kinder von Ernst Christian Hesse (1676 -1762). Er wollte eigentlich Jurist werden, aber der Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt wurde zufällig auf ihn (als Gambist) aufmerksam und berief ihn an seinen Hof. Er förderte einerseits seine juristische Ausbildung, aber auch seine Musikausbildung bei W.C. Briegel in Darmstadt. Zu weiteren Ausbildung ging er 1698 nach Paris, wo er drei Jahre Schüler von Marin Marais und Antoine Forqueray war. Reisen führten ihn durch zahlreiche Länder. Er beherrschte die Viola da gamba virtuos und die Fürsten vieler Höfe rissen sich um ihn, um sich mit ihm zu schmücken.
Sein Sohn Ludwig Christian wurde 1716 in Darmstadt geboren. Die erste musikalische Ausbildung erhielt er von seinem Vater und der Mutter, der Sängerin Johanna Elisabeth. Er studierte aber zunächst Rechtswissenschaften und stand letztendlich 1738 sowohl als Gambist als auch als Regierungsadvokat in den Diensten des Darmstädter Hofes. An dem gleichen Hof, wo schon sein Vater unter dem Landgraf Ernst Ludwig tätig war, der 1739 starb. Der nachfolgende „Jagdgraf“ Ludwig VIII. hatte mit der Hofkapelle nicht mehr viel im Sinn, daher ging Hesse durch die Vermittlung seines Studienfreundes August Wilhelm von Preußen 1741 an die Berliner Hofkapelle Friedrichs II., dort wurde er ebenbürtig zu Carl Philipp Emanuel Bach. Außerdem nahm ihn die Opernkapelle auf und er wirkte als Konzertmeister in der Kapelle des Prinzen August Wilhelm.
Johann Adam Hiller schreibt 1766 in seinen wöchentlichen Nachrichten:
Bey seiner königl. Hoheit dem Prinzen von Preußen sind als Musici in Diensten:
Herr Christian Ludwig Hesse, Viola da gambist, aus Darmstadt: ein Sohn des ehedem so berühmten Gambisten und nachherigen Kriegsraths Hrn Hesse in Darmstadt, und seiner auf dem ehemaligen deutschen Theater, als eine sehr brave Sängerinn, berühmt gewesenen Gemahlinn. Die Fertigkeit, Nettigkeit und das Feuer in der Ausführung, welches unser Herr Hesse in so hohem Grade besitzet, machen ihn, zu unseren Zeiten, unstreitig zu dem größten Gambisten in Europa.
Castor et Pollux wurde zum ersten Mal 1737 aufgeführt und dann noch 20 weitere Male gespielt. Im Jahre 1754 erarbeiteten Rameau und der Librettist eine neue Fassung.
Die vorliegenden Stücke liegen in der ehemaligen „königlichen Hofbibliothek“ die heute in der Staatsbibliothek zu Berlin beheimatet ist. Die beiden Oberstimmen sind aus dem Sammelband KHM 2255, der Bass aus dem Band 2254 (Adaptionen für Violine). Wie zu dieser Zeit üblich wurden die Oberstimmen fast durchgehend im Violinschlüssel notiert, jedoch machen die tiefen Teile im Bassschlüssel ersichtlich, dass keine Soprangamben gemeint sind.
Hesse versuchte in seiner Adaption, möglichst viel von dem Rameauschen Original zu übernehmen. Dies führt an manchen Stellen zu extremen Lagen und schwierigen Passagen (in schnellen Sätzen (4.1 und 8.) Terzläufe). Wenn das Original auch nur zweistimmig ist, reduzierte Hesse die beiden Oberstimmen mit einem Custos (wohl um sich Schreibarbeit zu sparen) zu einer Stimme.
Viele Tanzsätze sind durchgehend zweistimmig. Ob diese mit den unisono geführten beiden oberen Gamben oder mit nur einer ausgeführt wird, lasse ich offen. Ich habe diese Stimmen jeweils in alle Einzelstimmen gegeben.